Head of the Charles – Boston

3 Tage – 11´000 RuderInnen – 3 Meilen – 6 Brücken – diverse Kurven – 400´000 Zuschauer

Das sind die Zahlen, die für das Head of the Charles (HOCR) in Boston stehen – ein Ruderrennen, an dem sowohl Breitensportler als auch Olympiasieger teilnehmen und für das RuderInnen aus der ganzen Welt anreisen. Ein Ruderfest!

Rappi Crew

Die Crew hatte sich im vergangenen Winter schnell gefunden. Inge und Sabine hatten bereits vorher im 8+ an diesem einzigartigen Rennen teilgenommen. Bei Nicola stand es ganz oben auf der Bucket List und Simone war als Backbord Ruderin zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Coxwain Stu vom MIT

Die Rudersitze im Coxed Four (4+) waren somit besetzt, es fehlte nur noch der Cox!

Die vielen Brücken und Kurven erfordern eine erfahrene Steuerperson. Diese fanden wir erneut in Stu, einem Boston-Local, der mehr als 30 gesteuerte HOCR Rennen vorzuweisen hat. Als ehemaliger Head Coach der MIT Crew konnte er uns dazu noch ein Boot im MIT Boathouse organisieren.

MIT Boathouse vor Boston Kulisse
Coxwain Stu

Obersee-Training

Da wir den RCRJ am HOCR entsprechend repräsentieren wollten, reservierten wir gleich im Februar alle möglichen Wochenenden bis in den Oktober für Boston-Trainings in unseren Agenden. Trainings, die voller Elan mit Corona-Ausfällen begannen. Im Sommer nahmen die Trainings aber Fahrt auf und wir ruderten viele gemeinsame Kilometer zusammen. Abgerundet wurde unsere Vorbereitung zum Ende hin leider wieder mit Krankheits-Ausfällen.

Boston-Training

Eine Woche früher angereist, hatten wir genügend Zeit, uns vor Ort auf das Rennen vorzubereiten. Wir nutzen diese auch, um uns an den ungewohnten gesteuerten Vierer zu gewöhnen. Die Trainings boten uns ausserdem die Gelegenheit, die Rennstrecke kennenzulernen und die schöne Atmosphäre auf dem Charles River zu geniessen.

HOCR-Weekend

Im Laufe der Woche fanden sich in unserem Hotel täglich mehr internationale RuderInnen ein und bei jeder Querung des Charles Rivers mit dem Bus konnten wir mehr trainierende Boote sehen. Auch das Stadtbild rund um die Rennstrecke wurde zunehmend von Menschen in Ruder-Shirts geprägt.

Am Freitag erreichte die Nervosität ihren ersten Höhepunkt: beim Abholen der Bugnummer im Finish Areal! Hatten wir alles korrekt gemeldet, bezahlt und ausgefüllt? Das LineUp stimmte noch mit dem im April gemeldeten überein und kein Waiver wurde vergessen: Die Bugnummer 10 für Kategorie „Women´s Masters Four (40+)“ wurde uns in die Hände gedrückt!

Die Bedingungen am Samstag, unserem Renntag, waren wie erträumt. Blauer Himmel, Sonne, ein nicht zu starker Wind und die Skyline von Boston im Hintergrund. Wir freuten uns darauf, ein Rennen vor der Kulisse der Harvard University zu rudern, eine abwechslungsreiche und anspruchsvolle Strecke zu erleben, packende Überholmanöver und kritische Momente unter den Brücken zu überstehen und gleichzeitig von tausenden Zuschauern angefeuert zu werden. 

Unser Rennen

Unsere Erwartungen an ein aufregendes Rennen wurden voll erfüllt – mit einem kleinen Wermutstropfen.

Auf den Start mussten wir nach dem Warmfahren und Einreihen nicht lange warten, pünktlich um 11:42 Uhr startete das erste von 17 Teams unserer Kategorie. Ungefähr alle 10 Sekunden wurde ein Boot mit dem Gruss „You are in the race!“ auf die Strecke geschickt.

Wie von Stu vorher genau instruiert, waren wir bereits kurz vor der Startlinie mit fünf Aufbau-Schlägen auf unserer Schlagfrequenz von 31. Mit kraftvollem Druck auf den Blättern und einem guten Rhythmus fanden wir schnell unseren Streckenschlag. Damit konnten wir die direkten Angriffe des nachfolgenden Bootes abwehren und gleichzeitig auf das vor uns gestartete Boot aufholen. Mit einem gekonnten Steuermanöver von Stu überholten wir dieses Boot ungefähr auf Streckenhälfte. 

Ungefähr 1 km vor dem Ziel, als wir uns gerade erfolgreich von dem nachfolgenden Boot wegschieben konnten, erwischte uns allerdings das Pech: Der Druck wurde schlagartig härter – und Stu konnte das Boot nicht mehr steuern. Ein Ast hatte sich in unserem Steuer verfangen. Bei einer so kurvigen Rennstrecke ist das generell sehr unglücklich, aber für uns war es auch noch zum denkbar ungünstigsten Moment im Rennen, da wir mit dem blinden Passagier im Steuer eine starke Backboard-Kurve bewältigen mussten. Unser Rhythmus ging verloren und auch die Ideallinie war nicht mehr zu halten. Steuerbord musste stark überziehen, Backbord schwimmen lassen. So konnten wir die letzte Brücke der Strecke zwar ohne Crash bewältigen, aber wir verloren dabei viel Zeit. Schliesslich ging es in die letzte Steuerbord Kurve, wo jetzt Backboard überziehen musste, um nicht die markierte Rennstrecke zu verlassen und auch noch eine entsprechende Zeitstrafe zu kassieren. Die letzten Meter gaben wir nochmal alles, um die nachfolgenden Boote, die wieder aufgefahren waren, nicht an uns vorbeiziehen zu lassen. Nach 19:59.553 Minuten passierten wir schliesslich die Ziellinie. 

Warm Up Area

Nach dem Rennen

Im ersten Moment war der Frust über die unnötige Bremse natürlich gross. Er kostete uns ein paar Plätze in der Rangliste. Doch die Rückfahrt zum Bootshaus entlang der gesamten menschengesäumten Rennstrecke liess unsere gute Stimmung sofort wieder zurückkehren. Wir konnten die aussergewöhnliche Atmosphäre dieses Rennens noch mal voll auskosten. – Bei einem Outdoor-Sport und einem Rennen wie dem Head of the Charles mit seinen Kurven und Brücken kann eben nicht immer alles nach Plan laufen. 

Gemeinsam hatten wir uns intensiv und lange auf dieses Rennen vorbereitet. Wir hatten eine tolle Vorbereitungsphase, konnten die Reise als Team rundum geniessen und vor allem wurden unsere Erwartungen an ein spektakuläres Rennen noch übertroffen. 

Ein solches Erlebnis ist nicht ohne die Unterstützung des Heimruderclub, unseres RCRJ, machbar: Deshalb möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich dafür bedanken!!!

Inge, Nicola, Sabine & Simone