Erlebnisbericht Vogalonga 2017

Die Vogalonga – was für ein alljährliches Spektakel für Ruder- und Venedig-Fans. So gegen 1800 Ruderboote aus aller Welt mit ihren Mannschaften – Kanus, Kajaks, Falt- und Schlauchboote, Gondeln, Sportboote vom Skiff bis zum Achter sowie Drachenboote unterschiedlichster Bauart – finden sich zu diesem Anlass jeweils an einem Sonntagmorgen in der Lagune vor dem Markusplatz ein und setzen sich nach einem Startschuss in Bewegung. Abgesteckt ist ein Parcours von etwa 30 km Länge, der von Venedig nach Burano und über Murano zurück nach Venedig führt, wo bei der Einfahrt in den engen Canale di Cannaregio grössere Boot-Staus die Regel sind. Geduld ist dann gefragt, um nach der Passage dieses Nadelöhrs schliesslich in den vom öffentlichen Schiffsverkehr befreiten Canal Grande einzubiegen und auf diesem zurück zum Markusplatz  zu rudern. Nachdem dank Initiativen von Thomas Popp bereits 2006 und 2012 RCRJ-Equipen in Venedig mit dabei waren, fanden 2017 15 Clubmitglieder Gefallen an einer Vogalonga-Teilnahme auf drei Vierer-Booten mit Steuermann.

Hergereist nach Venedig auf ganz unterschiedlichen Wegen – per Bahn, cruisend,  fliegend, oder mit einem der Boote den Po hinunter rudernd – finden sich die Teilnehmer vom RCRJ im Laufe des Freitagnachmittags 2. Juni nach und nach im Hotel Abbazia in Bahnhofsnähe ein, einer ehemaligen Klosteranlage. Anschliessend individuell die ersten Venedig-Feelings: Man überquert eine der unzähligen  Brücken, schlendert einem Kanal entlang, überquert eine Piazza, knippst erste Fotos, fährt im Vaporetto ein paar Stationen auf dem Canal Grande und geniesst dort die Sicht auf die berühmten Venezianer Palazzi beidseits. Gut haben es diejenigen, die sich etwas abseits der gewaltigen Touristenströme bewegen.

Am Abend dann ein erstes Zusammentreffen aller Teilnehmer im Innenhof unseres Kloster-Hotels. Zeit für einen Drink, für Nachfragen, wie die Herreise der Kolleginnen und Kollegen verlief, insbesondere wie die Po-Fahrt von den 5 Mutigen erlebt wurde. Zeit auch für erste Dankbarkeitsbezeugungen, an Thomas Popp für die ebenso umsichtige wie aufwendige Organisation des ganzen Projektes, an Andreas Bürgler für die Beschaffung der Bahntickets und der Hotelzimmer, an Sabine Stör für eine sachkundige und liebevolle Betreuung auf der Bahnfahrt, an Alma Sartoris für die Organisation der Ruderfahrt auf dem Po. Alle sind gut angekommen, alles verlief reibungslos. Für den Abend geplant wird ein gemeinsames Nachtessen auf der Terrasse eines idyllisch an einem kleinen Kanal gelegenen Restaurants und für den kommenden Tag das Abladen und Aufriggern der Boote.

Zu Fuss gelangen wir alle am Samstagmorgen zur Nuova Isola del Tronchetto am Eingang von Venedig, wo zuvor im Umkreis eines grossen Parkhauses die Bootstransportwagen abgestellt worden sind. Wir sind nicht allein: Auf dem riesigen Platz tummelt sich unübersehbare Zahl von  Mannschaften aus aller Welt, die hier ihre Boote für den Sonntag herrichten. Internationaler Gedankenaustausch findet statt. Dank gutem Teamwork gelingt die Bereitstellung unserer 3 Boote schon in den Vormittagsstunden, was uns einen freien Nachmittag zur Erkundung Venedigs beschert. Individuell stehen Stadtbesichtigungen, Ausstellungsbesuche, Shopping und anderes auf dem Programm. Und wie schön, dass wir uns am Abend alle zum Besuch des Restaurants „Pane Vino e San Daniele“  zusammenfinden, das schon den Teilnehmern von 2012 aufgefallen und dank vorzüglicher Kost und lauschiger Umgebung in bester Erinnerung geblieben ist. Wir werden nicht enttäuscht und der laue Sommerabend wird auch zu einem kulinarischen Erlebnis.

Pfingstsonntag 4. Juni, Tag der Vogalonga, Start um 9 Uhr.  Unsere 3 Boote müssen zuvor von ihrem Standplatz ins Wasser befördert, zum Stadtrand und von dort auf dem  Canal Grande zum Bacino San Marco vor dem Markusplatz gerudert werden. Hier finden sich alle Teilnehmerboote vor 9 Uhr ein. Was für ein hehrer Anblick: Eine friedvolle Armada auf der Lagune umrandet von Venedigs Türmen, Kirchen und Palazzi. Viele Boote mit Blumen geschmückt, manche Bootmannschaften in einheitlichen, farbenfrohen Klamotten, eine ausgelassene Stimmung. Dann um 9 der erwartete Kanonendonner und der Tross setzt sich unter Begeisterungsrufen von Mannschaften und einer Zuschauerschar, die vom Ufer das Schauspiel miterlebt, in Bewegung.  

Zu Beginn sind die Bootsführer und Steuermänner gefordert, durchs Bootsgetümmel eine Schneise für eine unbehelligte Wegfahrt in Richtung Ostspitze von Venedig zu finden. Nach deren Umrundung geht’s nordwärts, wobei sich der Pulk allmählich in die Länge zieht und das Manövrieren, mal  zwischen kleinen Inseln und Sandbänken hindurch, mal in offenerem Gewässer einfacher wird, auch wenn die Bootsdichte immer noch beträchtlich bleibt. In der Ferne kommt allmählich die Insel Burano, gut 10 km nördlich von Venedig gelegen, in Sicht. Die Insel wird umrudert und jetzt weitet sich die Lagune und öffnet sich der Blick auf den nächsten Streckenabschnitt, der zur Insel Murano führt. Wir rudern auf dem Hauptkanal mitten durch Murano hindurch und haben schliesslich wieder Venedig vor Augen. Ob dort die Einfahrt zum Canale di Cannaregio und die Durchfahrt zum Canal Grande ohne den befürchteten Bootsstau gelingen wird? Unsere 3 Boote machen verschiedene Erfahrungen, wer früh dran ist hat Glück und kommt unbehelligt davon. Bei den Kanaldurchfahrten viel Applaus von einem Zuschauerpublikum, das an den Ufern und auf Brücken dicht gedrängt steht und am fröhlichen Anlass teilhaben will. Am Ziel vor dem Markusplatz wird von einem Schiff aus den glücklich Zurückgekehrten eine „Diploma di Partecipatione“ und eine Goldmedaille aus Blech ausgehändigt. Ob letztere zuhause einen Platz in der guten Stube, im Abstellraum oder eher nirgendswo finden wird?

Aber der Tag ist noch lange nicht zu Ende. Zum dritten mal sind wir gefordert, den ganzen Canal Grande und den Weg aus der Stadt zurück zum Ausgangspunkt zu rudern, wo noch eine beschwerliche Auswasserung der Boote über eine 2 m hohe Mauer hinweg, das Abriggern und der Bootsverlad bevorstehen. Dass wir uns auch nach diesem ereignisvollen, bewegenden, aber auch strapaziösen Tagesgeschehen alle nochmals zu einem gemeinsamen z‘Nacht in einem Aussenquartier Venedigs  zusammenfinden, zeugt vom durchwegs glücklichen Einvernehmen innerhalb unserer Gruppe, vom Bedürfnis, all die spannenden Erlebnisse im Kreis der Kolleginnen und Kollegen nochmals aufleben zu lassen und den Tag gemeinsam ausklingen zu lassen.

Am Pfingstmontag ist die Rückfahrt mit dem Zug in die Schweiz um die Mittagszeit angesagt. Zuvor gibt’s noch die Möglichkeit für letzte Spaziergänge, letzte Souveniers, letzte Fotos. Dann Venedig adee. Zuhause angelangt finden wir bereits unsere Boote auf dem Transportwagen vor dem Bootshaus abgestellt vor. Ablad, Reinigung, Verstau. Im Rückblick: Was für grossartige 4 Tage.  

Wieder mit dabei, falls sich später, zum vierten mal, eine Teilnahmemöglichkeit für RCRJ-Mitglieder an einer Vogalonga auftut?  Vielleicht so in 3, 4 oder 5 Jahren? Aber sicher!